Die Zeit verändert Menschen, die Zeit verändert Situationen. Das einzige was sie nicht verändern kann, sind die gelebten Momente und Erinnerungen, die man im Leben nie vergisst.
Hallo Bruder,
ich würde dich jetzt gerne hier haben und schimpfen. Ich würde dir jetzt gerne sagen, warum kannst du nicht aufpassen. Warum musst du immer arbeiten. Warum hast du so ein Dickschädl.
Es bringt aber nichts, weil ich es nicht mehr ändern kann.
Ich kenn dich schon mein ganzes Leben und habe mit dir meine Kindheit verbringen dürfen. Du bist unser großer Bruder. Du hast auf uns schon aufgepasst, da konnten wir gerade mal laufen. Du hast dann immer geschaut, dass wir, deine Schwestern, sicher sind und hast uns deshalb, wenn wir weggerannt sind, immer wieder zurück zu Mama und Papa geholt und als ich einmal fast vom Trampolin gefallen wäre, bist du so schnell gelaufen, so schnell hab, ich dich noch nie laufen sehen und hast mich aufgefangen. An das kann ich mich noch heute sehr gut erinnern, weil mir ab diesem Moment immer im Kopf geblieben ist, dass du mich immer beschützen wirst.
Du hast aber auch gerne Streiche gespielt. Ich weiß noch, wie ich mich gewundert habe, dass in meinem Zimmer in der Lampe keine Glühbirne mehr drinnen war. Als ich dich gefragt habe, wo meine Glühbirne ist, hast du gelacht und gesagt, ja meine wurde kaputt, jetzt hab ich einfach deine genommen. Als unser Uropa „Otschge“ noch bei uns im Haus gelebt hat, hast du auch gerne seinen Wohnraum auf den Kopf gestellt oder unserer Oma „Mamschgo“ mit deinen Streichen auf trapp gehalten.
Von dir habe ich Autofahren gelernt. Wir sind damals mit dem roten Opel von Opa hintern Haus herum gefahren. Da ich noch nicht genau wusste wo die Bremse ist, haben wir die Mülltonne erwischt. Ich durfte mit dir mit dem Moped mitfahren. Es hat mich mit Stolz erfüllt, als Du mich dann mit deinem ersten Auto von der Schule abholen konntest. Mit unserem Nachbar Vins hast du in der Kindheit auch sehr viel Zeit verbracht und im Winter mit den Autos oft die Wälder unsicher gemacht.
Du hast uns gerne erfundene Geschichten erzählt. Wir sind alle bei Kristina und Lisa im Bett gelegen, weil es ein Doppelbett war und wir alle Platz hatten. Du hast uns dann mit deinen Geschichten zum Lachen gebracht, bis wir alle eingeschlafen sind.
Du warst auch immer voller Ideen. Beispielweise hast du auf unseren kleinen Hühnerstall mit schwarzer Farbe auf die Tür geschrieben: Wenn ich einmal groß bin, will ich ein Hochhaus werden.
Du warst auch immer bei jenem Blödsinn dabei. Ich glaube dein Stammtisch in Seekirchen, deine Freunde in Gilgenberg und Hochburg-Ach oder die Landjugend können sich spätestens jetzt wieder an viele lustige Erlebnisse mit dir erinnern, die ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern können.
Du wolltest immer Spaß, dabei war es ganz egal, ob etwas kaputt ging, den Geld war dir nichts wert.
Du wolltest auch immer Hilfen. Egal was war, du bist immer da gewesen. Komischerweise und das fällt mir erst jetzt richtig auf. Du hast nie etwas gebraucht. Für dich hat immer alles gepasst.
Wir alle haben immer gewusst, dass du Omas und Opas größter Stolz warst. Sie haben dich in ihrem Leben integriert wie keinen anderen von uns. Sie wollten dich immer dabei haben. Jeden Sonntag sind sie mit dir in die Kirche gefahren, weil du bis ins hohe Jugendalter ihr Ministrant warst. Weißt du noch, wie dich Oma immer aufgeweckt hat, wenn du nicht rechtzeitig aufgekommen bist, weil du am Vortag fuat gegangen bist. Als sie es dann geschafft haben, dich pünktlich zur Kirche zu bringen, war es so schön zu sehen, wie stolz sie auf dich waren. Sie wollten dich einfach so lange wie möglich um sich haben.
Beim fuat geh, haben dich alle gekannt. Das war unser großer Vorteil, weil uns dann als „Achi schwestern“ automatisch auch alle gekannt haben. Aber die die mit uns aufgewachsen sind, wussten, dass unsere Spitznamen nicht „Achi-Schwestern“ war. Du hast nämlich für uns alle deine eigenen Spitznamen gehabt: Celk, Krale, Lal und Eurostar. Wir würden dich gerne noch einmal hören, wie du zu uns unsere Spitznamen sagst.
Einen Tag vor dem tragischen Unfall, hat dich Mama angerufen. Sie wollte nur wissen wie es dir, Sandra und dem Baby geht. Ratet mal was seine Antwort war. Passt ois. Es hat bei dir immer alles gepasst.
Als du Mama geschrieben hast, dass du eine Freundin hast, hat sie sich unheimlich gefreut. Und am Ostersonntag bist du dann einfach mit ihr vorbeigekommen und hast sie uns vorgestellt. Wir saßen am Wohnzimmertisch, und haben dich neben Sandra angesehen und man hat gespürt wie angekommen du bei ihr warst. Sie war dein Deckel. Sie hat dich so geliebt wie du bist.
Ein Kind hast du dir schon lange gewünscht und mit Sandra wird es dann Wirklichkeit. Mit großer Vorfreude hast du die erste Chance genutzt um uns zu sagen, dass Sandra schwanger ist.
Wir alle hätten dich gerne dein Baby am Arm tragen sehen, wir alle hätten gerne deine große Freude gesehen, wenn dein Kind die ersten Schritte macht und in Gummistiefel am Hof unterwegs ist oder von dir Traktor fahren lernt.
Es hätte dich mit Stolz erfüllt, wenn dir dein Kind zusieht wie du mit deinen Maschinen herumfährst.
Warum darfst du nicht? Warum wird das nicht Wirklichkeit? Ich weiß es nicht, aber ich weiß, dass es schrecklich unfair ist.
Du bist unwiederbringlich, aber wir können es nicht mehr ändern. Das Einzige was wir tun können, ist zu schauen, dass es den Menschen, hier auf Erden, die du geliebt hast, gut geht. Deshalb liebe Sandra, du bist Familie, du wirst es immer sein, egal was passiert.
Lieber Bruder wir danken dir für das Geschenk, dass du uns als Trost, als Teil von dir zurück gelassen hast. Keine Sorge, wir werden dein Baby lieben und ihm/ihr immer Geschichten von dir erzählen, damit du nie in Vergessenheit gerätst.
Und liebe Sandra, wir alle wissen, dass Thomas nicht nur auf Erden immer gerne geholfen hat. Er wird dich und euer Baby vom Himmel aus immer beschützen.
Unser großer Bruder. Du kommst jetzt zu Oma und Opa. Bitte sagen Ihnen liebe Grüße von uns. Ich weiß, dass sie sich auf dich unheimlich freuen. Ich hätte gehofft, dass sie es im Himmel länger ohne dich ausgehalten hätten.
Wir sind dir unendlich dankbar für alles was du für uns getan hast und für all die Dinge die du von oben, als Engel, noch für uns tun wirst.
Die Erinnerung an dich wird uns für immer im Herzen bleiben, denn sie tragen unser Leben.
Du bist zu früh von uns gegangen aber wir möchten, dass du weißt, dass du auf Erden für uns alle ein großes Geschenk warst. Danke für alles was du für uns gemacht hast.
Wir lieben dich.
Wir werden dich vermissen.
Im Gedanken bei dir. In Ewigkeit Amen.